25. Jul 2015

Zitate / Literatur zu Schweigepflicht nach Beratungsgesprächen (entspr. § 17 SGB VIII) und im Rahmen der Mitwirkung nach § 50 SGB VIII sowie zu den Aufgaben des JA in diesem Zusammenhang (Auswahl)

Einzelarbeiten

 

  1. AWENIUS, G. (Oberregierungsrat und Ref. beim Landesbeauftragten. f. d. Datenschutz Baden- Würtemberg): Datenschutz beim Jugendamt in JAmt (DA Vorm) Heft 11/ 2001 S. 525:
    Ein Vorgesetzter darf nur dann Einblick in die Beratungsakte erhalten, wenn der Klient sein Einverständnis hierzu erteilt hat. Dazu muß der Klient vor der Beratung unmißverständlich darauf hingewiesen werden, daß auch der an der Beratung nicht beteiligte Vorgesetzte Kenntnis vom Gegenstand der Gespräche und Einblick in die Aufzeichnungen nehmen wird. Die Einwilligung oder das Einverständnis hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen, soweit nicht wegen der besonderen Umstände eine andere Form angemessen ist.
    ...Schon gar nicht sollte die Beratung von der Abgabe einer entsprechenden Einwilligungserklärung abhängig gemacht werden.“ (Die Darstellung ist hier freilich beispielhaft bezogen auf beratende Berufspsychologen, W. M.)

     

  2. BAYERISCHES LANDESJUGENDAMT (Hrsg., unter Mitarbeit u.a. von Prof. H.. OBERLOSKAMP, Dr. SALZGEBER, Dr. SAUTER, dem Leiter des Bayerischen Landesjugendamtes, Dr. KNITTEL vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz): Trennung und Scheidung, Arbeitshilfe für die Praxis zu...... § 17, ..., 50 SGB VIII. München 2001:
    „Zur Erhebung von Daten: 
    Die Erhebung von Daten im Rahmen einer Beratung (§17 SGB VIII) sowie im Rahmen der Mitwirkung (§ 50 SGB VIII) ist gemäß § 62 Abs. 1 SGB VIII zulässig, hat jedoch gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VIIIgrundsätzlich nur bei den betroffenen Familienmitgliedern nach erfolgter Aufklärung zu erfolgen (§§ 61 und 62 Abs. 2 SGB VIII). Eine Datenerhebung bei Dritten ist hier nur mit Einwilligung der Betroffenen möglich (anders bei § 1666 BGB).“

    Zur Weitergabe von Daten:
    a) Die in der Beratung (§ 17 SGB VIII) anvertrauten personenbezogenen Daten unterliegen einem besonderen Vertrauensschutz und sind gegen eine Verwendung in einem anderen Kontext geschützt. Sie dürfen daher ohne Einwilligung der Betroffenen nicht weitergeleitet werden (§§ 61 ff. insbesondere §§ 64, 65 SGB VIII).
    Auch wenn eine Beratung vor einer später notwendig gewordenen Mitwirkungsaufgabe (§ 50 SGB VIII) gewährt wurde
     oder während der Mitwirkungsaufgabe in eine Beratung eingestiegen wird, unterliegen die dort erhobenen Daten dem besonderen Schutz des § 65 SGB VIII. Denn bei der Beratung handelt es sich um einen persönliche und erzieherische Hilfe im Sinne dieser Vorschrift. Beratungsinhalte dürfen nur mit Einwilligung der Betroffenen weitergegeben werden.

    .......erlaubt ist die Übermittlung von „Verfahrensdaten“, wie Beginn, die Dauer, und die Beendigung einer Beratung. Derartige Mitteilungen dürfen im Zuge der Mitwirkung jederzeit auch ohne Einwilligung der Eltern über das Jugendamt an das Familiengericht weitergegeben werden......“

     

  3. COESTER, M.: in STAUDINGERs Kommentar zu § 1671 BGB, S. 336-337: 
    „Die Beratungspflicht der Jugendämter nach § 17 Abs. 1, 2 KJHG und die Berichtspflicht nach § 50 KJHG können in Kollision miteinander geraten. Hinsichtlich der in der Beratung offenbarten Informationen der Eltern und des Kindes besteht Datenschutz (§§ 64 Abs 2, 65 KJHG). Außerdem kann die Furcht vor Weiterleitung an das Gericht die Eltern davon abhalten, sich dem Beratungs- und Hilfsangebot, wie es sachlich eigentlich nötig wäre, voll zu öffnen. Dieser innere Konflikt zwischen den Aufgaben der Jugendämter kann nicht dadurch gelöst werden, daß das Jugendamt sich für die eine oder andere von ihnen entscheidet(...): Das Gesetz hat beide Aufgaben nebeneinandergestellt, sie sind nicht disponibel.“

     

  4. KAUFMANN, F. (Prof. Dr.:jur.): Eltern, Kinder und Jugendämter in familiengerichtlichen Verfahren ... FamRZ 2001, Heft 1, S. 11 1:
    Die Fachkraft achtet den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Sie ist- auch im Rahmen der Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren – an die Datenschutzvorschriften der §§ 61 ff SGB VIII gebunden. Die Pflicht zur Unterstützung des FamG und zur Mitwirkung begründet keine Befugnis, ohne Einwilligung der Betroffenen dem Gericht Gesprächsinhalte und sonstige Fakten zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn der Fachkraft bekannt wird, daß ein Kind gefährdet ist. Gemäß § 50 SGB VIII ist das Jugendamt verpflichtet, die ihm bekannten kindesgefährdenden Tatsachen dem FamG mitzuteilen.“
    2: Die Eltern und Kinder bekommen Gelegenheit, zu der Äußerung des JA, wie sie dem FamG zugehen soll, ihrerseits Stellung zu nehmen, bevor diese dem Gericht zugeleitet wird. Berechtigte Einwände werden berücksichtigt, und die Stellungnahme des Jugendamtes wird entsprechend korrigiert.

     

  5. KLOSTER- HARZ, D. (Dr.jur.), HAASE, W. (R.a.AG München): Aufgaben und Selbstverständnis der Jugendhlilfe bei der Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren. Zeitschr. f. Jugendrecht Nr. 2/ 2001, S. 45 :
    „Soweit es um Beratung nach § 17 KJHG geht, ist eine Weitergabe der Erkenntnisse nur mit Einverständnis der Eltern möglich. Die
    s gebietet der Vertrauensschutz.“ 
    Das Jugendamt hat jedoch den besonderen Vertrauensschutz des § 65 KJHG zu beachten und darf nicht Daten weitergeben, die einem Mitarbeiter des Jugendamtes zum Zweck persönlicher oder erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, es sei denn, die Voraussetzungen des § 65 KJHG liegen vor (Kindeswohlgefährdung)“.

     

  6. OBERLOSKAMP, H. (Prof. ): Beratungs- und Mitwirkungsauftrag der Jugendhilfe bei Trennung und Scheidung, Kind- Prax 1/ 2002 S. 9:
    „Die Eltern können zu Beginn der Beratung wählen, ob der bei Bericht Mitwirkende dieselbe Person sein soll wie der Berater oder eine andere.
    Falls Beratung und Mitwirkung in einer Hand liegen sollen, erklären sich die Eltern für den Fall des Scheiterns der Beratung schriftlich damit einverstanden, daß alle für eine gerichtliche Entscheidung bedeutsamen Informationen über das Kind an das Gericht weitergegeben werden. Wollen sie nicht einmal das unterschreiben, muß von vornherein auf getrennte Beratung und Mitwirkung hingearbeitet werden.“

     

  7. SALZGEBER, J( Dr.).: Familienpsychologische Gutachten S. 88, C.H. Beck- Verlag, München 2001:
    „Bezüglich der Beratung besteht Schweigepflicht gemäß § 203 I StGB.“

     

  8. WIESNER, R.( Prof. Dr. Dr. h.c.): Zur gemeinsamen Verantwortung von Jugendamt und Familiengericht für die Sicherung des Kindeswohls. Zentralbl. f. Jugendrecht Nr. 4/ 2003 S. 125):
    „Es ist Sache des Gerichts, sich bei den Parteien über den Stand der Beratung Kenntnis zu verschaffen. Die Beratungsstelle selbst trifft keine Pflicht zur Rückmeldung gegenüber dem Gericht. Insbesondere trifft das Jugendamt keine Verpflichtung, den Ablaufder Beratung zu überwachen bzw. dem Gericht darüber zu berichten. Dies wäre eine unzulässige Vermischung von Mitwirkung des Jugendamts im Verfahren vor Gericht und der dem Gericht gegenüber geäußerten Bereitschaft der Eltern, Beratung in Anspruch zu nehmen.“

     

     

 

 

SGB VIII/ KJHG- Kommentare
(Hervorhebungen durch Fettdruck jeweils dort, sonst W.M.)


1. Zu § 17

KLINKHARDT: Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII Jehle-Rehm, München 1994.
Rn 11 „Für die anläßlich solcher Beratung und Unterstützung anvertrauten Informationen gilt der besondere Vertrauensschutz (Datenschutz) des § 65. Zur Wahrung dieses Vertrauensschutzes ist es (abgesehen von den fällen des § 1666 BGB bzw. § 50 Abs. 3 SGB VIII) verboten, solche Informationen ohne Zustimmung der Eltern dem Gericht gemäß 3 50 mitzuteilen. .... Das Vertrauen der Eltern und des Kindes / Jugendlichen ist unerläßlich für eine Erfüllung der durch § 17 gesetzten Aufgabe des Helfens, und muß daher auch gegenüber dem Gericht gewahrt werden.“

KUNKEL: Kinder- und Jugendhilfe Lehr- und Praxiskommentar Nomos- Verl.ges. Baden- Baden 2003
Rn 15 „Im Beratungsgespräch findet eine Datenerhebung statt; diese ist nach § 62 Abs. 1 erlaubt. Über die Datenerhebung ist der Beratene gem. § 62 Abs. 2 aufzuklären. Die Daten dürfen nur bei der zu beratenden Person selbst erhoben werden, also nicht bei Dritten (auch nicht bei Kollegen in der Behörde) über einen Ratsuchenden und auch nicht beim Partner über den anderen, wenn dieser nicht damit einverstanden ist.

MROZYNSKI: Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) C.H. Beck Verl. München 1998.

Rn 12 „...Die Übermittlung von Daten im Rahmen der Familiengerichtshilfe wäre allgemein nur unter der Voraussetzung des § 64 Abs. 2 zulässig, also dann, wenn der Erfolg der Leistungen nach § 17 dadurch nicht in Frage gestellt wird......Nicht nur in konfliktträchtigen Fällen der Scheidungsberatung wird man aber davon ausgehen müssen, daß dem Berater im Rahmen der Leistung nach § 17 die Daten anvertrautwurden. Damit kommt die Weitergabe nur unter den Voraussetzungen des § 65 in Betracht.“ 

MÜNDER u.a.: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII. Beltz- Verl. Weinheim, Berlin, Basel 2003

:
 Rn 39 „Beratung und Unterstützung nach § 17 setzen die Vertraulichkleit des Beratungsprozessesvoraus. Die Fachkräfte müssen daher die Datenschutzverpflichtungen gem. §§ 61 ff, insbesondere gem.§§ 64, 65, bei ihrer Beratung nach § 17 (und 50) beachten. Beratung nach § 17 ist persönliche und erzieherische Hilfe im Sinne des § 65, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Mitwirkungsaufgabe nach § 50 steht. Sozialdaten, die die Eltern zu diesem Zweck der Fachkraft anvertrauen, unterliegen dem Schutz des § 65. Eine Weitergabe dieser Sozialdaten ist nur unter den strengen Voraussetzungen der §§ 65, 64 Abs. 2 zulässig. Bei nicht anvertrauten Daten müssen die Fachkräfte die Beschränkung des § 64 Abs. 2 beachten.“

Rn 40 „.... Daher erfordert der Sozialdatenschutz keine funktionale oder gar institutionelle Trennung der Aufgaben des § 17 und des § 50 (...)“

FISCHER in SCHELLHORN: SGB VIII/ KJHG Luchterhand, Neuwied, Kriftel 2000:
Rn 13 „Äußert sich das Jugendamt gegenüber dem Familiengericht ohne ausreichende (bei uns nach Schreiben der Stadt vom 16.07.03: FEHLENDE W.M.) Beratungsgrundlage mit den Eltern, ist die Äußerung nur eingeschränkt gerichtlich verwertbar.“

STRUCK in: WIESNER (Hrsg.) SGB VIII Kinder und Jugendhilfe C.H. Beck- Verl. München 2000:

Rn 54 „Die Bewältigung des Rollenkonflikts hängt nicht zuletzt davon ab, welches fachliche Profil Beratung in Trennungs- und Scheidungssituationen und Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren im JAmt allgemein haben und wie es den Fachkräften gelingt, den Betroffenen Aufgabe, Arbeitsweise und Rolle sowohl des JAmts als auch des FamG im Bedeutungszusammenhang von Trennung und Scheidung transparent zu machen. Dazu gehört, ein Klima zu schaffen, in dem Klienten die Überzeugung gewinnen, daß bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung keine Weitergabe von Daten aus demBeratungszusammenhang ohne ihre Einwilligung erfolgt.“

Rn 56 „c) Flankierung durch den Schutz der Sozialdaten. Der Schutz des Vertrauens als Voraussetzung für die wirksame Wahrnehmung von Beratungsaufgaben wird durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes bekräftigt. Nach dem Zweckbindungsprinzip des § 64 Abs. 1 dürfen Sozialdaten nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie erhoben worden sind. Zweck ist dabei nicht der gesamte Aufgabenkatalog des § 2, sondern die Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe im Einzelfall. EineÜbermittlung der Daten im Sinn von § 69 SGB X ist nach § 64 Abs. 2 SGB VIII nur zulässig, soweitdadurch der Erfolg einer zu gewährenden Leistung nicht in Frage gestellt wird. Damit wird ein Vorrang von Leistungen ( § 2 Abs. 2), zu denen auch die Beratung nach § 17 gehört, vor anderen Aufgaben der JHilfe (§ 2 Abs. 3) begründet, zu denen die Mitwirkung im Verfahren vor dem FamG zählt. 
Die Beratung stellt zudem eine persönliche und erzieherische Hilfe im Sinn von § 65 dar, so daß Sozialdaten, die zu diesem Zweck den Mitarbeitern eines Trägers der öffentlichen JHilfe anvertraut worden sind, nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift von diesem weitergegeben werden dürfen.Eine Weitergabe der im Rahmen der Beratung gewonnenen Daten an das FamG ist nicht zulässig, es sei denn, die Betroffenen willigen in die Weitergabe der Daten ein oder ein anderer Übermittlungstatbestand erlaubt dies. Letzteres ist z.B. der Fall, wenn in der Beratung Erkenntnisse über eineKindeswohlgefährdung im Sinne von § 1666 BGB gewonnen wurden und Hilfsangebote des JAmts zur Abwendung der Gefährdung des Kindes von den Eltern nicht angenommen wurden. Die Zulässigkeit der dann notwendigen Weitergabe von Sozialdaten ergibt sich bei fehlender Einwilligung aus § 65 Nr. 2 (DV, Empfehlungen zur Trennungs- und Scheidungsberatung NDV 1992, 151; Müller-Alten ZfJ 1991, 454).“




2. Zu § 50 SGB VIII


KLINKHARDT: Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII Jehle-Rehm, München 1994.

Rn 9 „Schließt sich die Unterstützung des Gerichts nach der vorliegenden Vorschrift an eine Beratung der Eltern gemäß § 17 an, so darf dies nicht dazu führen, daß das Jugendamt die dabei von ihm erworbenen – im Zweifelsfall anvertrauten – Kenntnisse des Falles dem Gericht zur Verfügung stellt, weil sich eine Offenbarungsbefugnis hierfür weder aus § 61 Abs. 1 S. 1 i.V.m. den §§ 67 ff. SGB X noch aus § 65 ergeben würde.“....Zu beachten ist ferner z.B., daß nach § 17 Abs. 2 bei der Trennungs- und Scheidungsberatung auf ein einvernehmen der Eltern bezüglich der Ausübung des Sorgerechts himzuarbeiten ist, was nach einer solchen Beratung eine Parteinahme für den einen Elterteil im Rahmen der Gerichtshilfe im Zweifel ausschließt.“

KUNKEL: Kinder- und Jugendhilfe Lehr- und Praxiskommentar SGB VIII. Nomos- Verl.ges. Baden- Baden 2003

Rn 18 „Danach kommt die Datenerhebung bei Dritten nur dann in Betracht, wenn der gerichtlichen Entscheidung eine Leistung der Jugendhilfe nachfolgen soll;..... Eine Datenerhebung im umfeld des Kindes (Kindergarten, Schule, Geschwister) oder eines Elternteils (beim anderen Elternteil)ist daher für die Aufgabenstellung nach § 50 Abs. 1 und 2 ohne Einverständnis des jeweils Betroffenen nicht möglich, es sei denn, eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls erforderte die Datenerhebung ( vgl. § 62 RN 12).“
Rn 18a „§65 ist aber dann eine Schranke für die Übermittlung, wenn die Daten im Rahmen ....einer Beratung nach $ 17 (vgl, § 17 RN 15) anvertraut worden sind. Eine Weitergabe der Daten .....ist dann nur mit Einwilligung.... möglich.“
R 21 „Will ein Berater oder ein SA/SP ein ihm anvertrautes Datum übermitteln, ist zusätzlich § 203 Abs. 1 StGB zu beachten...... Die Pflicht zur Mitwirkung nach § 50 ist keine höherrangige gesetzliche Mitteilungspflicht (vgl. § 61 RN 194).


MROZYNSKI: Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) C.H. Beck Verl. München 1998.

Rn 9 „Lediglich im Fall des § 50 Abs. 3 können Daten auch bei Dritten erhoben werden.“
Rn 10 „Durch Umfang oder Art der Übermittlung darf das JA jedoch nicht den Erfolg einer zu gewährenden Leistung gefährden. Darüber hinaus ist der gesteigerte Schutz anvertrauter Daten gemäß § 65 zu beachten. Das bedeutet vor allem, daß bei der die Tätigkeit nach § 50 oft begleitenden Trennungs- und Scheidungsberatung besondere Vorkehrungen für die Wahrung von Sozialgeheimnissen zu treffen sind (§ 17 RN 12).

MÜNDER u.a.: Frankfurter Kommentar zum SGB VIII. Beltz- Verl. Weinheim, Berlin, Basel 2003:

Rn.33: „Aus den Aufgabenregelungen des § 50 selbst läßt sich keine Befugnis zur Erhebung, Übermittlung, Weitergabe bzw. Offenbarung von Sozialdaten ableiten und zwar weder für die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 StGB noch nach den sozialrechtlichen Datenschutznormen (vgl. BT-Ds 11/5948, 88). Die für die Erfüllung der Mitwirkung benötigten Sozialdaten sind grundsätzlich bei den Betroffenen zu erheben (§ 62 Abs. 2 S.1), d.h. es ist der Kontakt zu der Familie zu suchen und ihre Mitwirkung zu gewinnen.....“

Rn 35: „Finden die Eltern keine einvernehmliche Lösung, ist das JA nicht schon deshalb zur Unterrichtung des Gerichts über die Beratungsinhalte befugt. Vielmehr muss sich das JA auf das „negative“ Ergebnis der Beratung sowie darauf begrenzen, das Gericht über die angebotenen Hilfeleistungen zu informieren. Sofern nicht ein Fall der Kindeswohlgefährdung nach Abs. 3 vorliegt, hat sich das JA im Übrigen einer Wertung und Gewichtung der familiären Verhältnisse zu enthalten, um eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern zum Wohle der Kinder nicht zu gefährden. Eine gutachtliche, bewertende Stellungnahme erfolgt daher auch in diesen Fällen grundsätzlich nicht.“

SCHELLHORN in:SGB VIII/ KJHG Luchterhand, Neuwied, Kriftel 2000:

Rn 21 „Aus § 50 läßt sich keine über die §§ 61 ff. hinausgehende Befugnis des Jugendamts zur Erhebung von Daten und ihrer Weitergabe an das Gericht herleiten. So hat das Jugendamt bei der Unterrichtung des Gerichts über bereits erbrachte Leistungen, z.B. nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 (Trennungs- und Scheidungsberatung), den besonderen Vertrauenschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe nach § 65 zu beachten. Dies bedeutet, daß ohne Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, (vgl. § 65Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) eine Weitergabe personenbezogener Daten an das Vormundschafts- und Familiengericht nur zur Erfüllung der Aufgaben nach Abs. 3 erfolgen darf, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte (§ 65 Abs. 1 Nr. 2; vgl. auch §§ 61 – 68 Rz. 86)
Rn 45 „Das JA hat die Pflicht, die Eltern über alle Beratungsangebote im örtl. Einzugsbereich zu informieren, unabhängig davon, ob sie in öff. oder freier Trägerschaft geführt werden. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut; sie ist die Voraussetzung für die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 5). Aus der Pflicht des JA zur Information folgt aber keine Pflicht der Eltern, Beratung in Anspruch zu nehmen. Darüber entscheiden die Eltern in eigener Verantwortung.Nehmen sie Beratung in Anspruch, so entscheiden sie selbst, ob bzw. inwieweit sie darüber das FamG informieren.“

MÖRSBERGER in: WIESNER (Hrsg.) SGB VIII Kinder und Jugendhilfe C.H. Beck- Verl. München 2000:
Rn.7 c)„Bedeutung der Datenschutzbestimmungen. In der Konkretisierung der Mitwirkungsaufgaben gem. § 50 kommt den datenschutzrechtlichen Vorgaben des SGB X und des SGB VIII (§§ 61 ff) – unbestritten – große Bedeutung zu. Vielfach werden diese Vorgaben aber nur interpretiert als ein rechtlicher Rahmen, der die Eingriffsbefugnisse gegenüber den den Betroffenen begrenzt. Eine solche Interpretation muß konsequenterweise zu dem Ergebnis kommen, daß die Datenschutzbestimmungen letztlich zu einer Behinderung der „eigentlichen“ Aufgabenerfüllung führen. Dem ist die Einschätzung entgegenzustellen, daß die strengen Vorgaben zum „informellen Selbstbestimmungsrecht“ (allg. zum Datenschutz s. §§ 61 ff.) im Gegenteil ein fachlich wie rechtspolitisch integraler Bestandteil der Aufgabenerfüllung sind, also z.B. informationelle Zurückhaltung (in jeder Hinsicht) den Zugang zu zerstrittenen Eltern erleichtern kann bzw. gute Voraussetzungen für gff. erforderliche weitere Hilfe (zugunsten des Kindes/ Jugendlichen) schafft.
Rn 8 „...Jedenfalls hat der Gesetzgeber (mit dem KindRG von 1998, W.M.) ein weiters Signal in die Richtung gegeben, daß er – anders als zu früheren Zeiten und unter Inkaufnahme von möglicherweise dadurch entstehenden zeitlichen Verzögerungen – auch rechtspolitisch den Schwerpunkt nicht mehr auf die „möglichst richtige Entscheidung“ legt, sondern auf die Förderung langfristig angelegter Verständigungsprozesse.“
Rn 9 „4. Verhältnis zu den Datenschutzvorschriften. a) Aufgabennorm. § 50 stellt nur eine Aufgaben-, nicht zugleich eine Befugnisnorm dar (Wienand § 50 Rdnr 2; RegBegr. BT-Dr. 11/5948 S. 86). .....“
Rn 10 „b) Ausnahme zu den bereichsspezifischen Datenschutzregelungen. In den Beratungen zum 1. SGB VIII-ÄndG war auf Initiative des Landes Niedersachsen im Rechtsausschuß des BRates empfohlen worden, die mit den gesetzlichen Aufgaben nach §§ 50 bis 52 korrespondierenden informationellen Befugnisse, also die Datenschutzvorschriften der §§ 61 bis 68 dahingehend zu ändern, daß der Ausnahmekatalog in § 62 Abs. 2 Nr. 3c auf §§ 50 bis 52 erweitert werden sollte. Dem schloß sich der BRat aber nicht an, veränderte lediglich die datenschutzrechtliche Regelung für die JGHilfe durch die Neuregelung des § 61, nicht aber für die Mitwirkung in vormundschafts- und familiengerichtlichenVerfahren (s. BT-Dr. 12/2866 S. 30).“
Rn 38 (Kritik an fachlicher Qualität von JA- Berichten W.M.)„...Insbesondere aber werden allzuoft bestimmte, nicht hinterfragte persönliche Wertvorstellungen zugrunde gelegt, davon abweichende Verhaltensweisen als Normverletzung interpretiert. Bewertungen werden auch nicht weiter belegt, sondern als subjektive Einschätzungen weitergegeben, allenfalls i.S. von Alltagstheorien. Es wird z.B. immer wieder unterstellt, daß es für ein Kind schädlich sei, mit beiden Eltern, wenn sie unterschiedliche Erziehungsstile praktizierten, Kontakt zu halten. Oder wenn Kontinuität pauschal und uneingeschränkt als positives Merkmal in der Sozialisation angesehen wird. 
Nach der kognitiven Entwicklungstheorie kann Diskontinuität wichtig sein als Form der Stimulierung, Chance und Herausforderung für die Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit (Erben/Schade ZfJ 1994, 209).
Kritisiert wird also, wenn – wie früher weit verbreitet und heute z.T. noch richtig befunden – Aussagen zu komplexen psychologischen Sachverhalten gemacht werden, dafür jedoch das wissenschaftliche Instrumentarium nicht zur Verfügung steht.“

Rn 64 (Auszug aus den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge)....“Kinder sollen Klarheit über ihren künftigen Lebensort erhalten und das Gefühl bekommen, diesen mitbestimmen und mitgestalten zu können und damit ernstgenommen zu werden.....

Ist im Beratungsprozeß kein einvernehmliches Ergebnis zu erreichen, werden Art und Umfang der Informationsweitergabe an das Familiengericht mit den Eltern im einzelnen erörtert. In dem mit Zustimmung beider Eltern verfaßten Bericht werden dem Gericht aufgezeigt: 
-die Einschätzungen der Eltern, worin nach Auffassung des jeweiligen Elternteils die Hindernisse für eine einvernehmliche Entscheidung über die gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung bestehen,
- Möglichkeiten weiterer Hilfen für die Kinde
r.(S. 808)


Um das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern entspr. § 5 KJHG:/ SGB VIII sicherzustellen, weisen die Jugendämter die Leistungsberechtigten auf alle in der Region bestehenden Angebote hin.“ (bei uns auch nicht erfolgt, W.M.)

 

 

Zusamengestellt 9/10/2003 von:

W. Meißner

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